Anne-Sophie Mutter

Anne-Sophie Mutter

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, sehr verehrte, liebe Anne Sophie Mutter

Seine Stellung als Vermittler der künstlerischen Intention, ja als eigentlicher Repräsentant des schaffenden Meisters, legt es ihm ganz besonders auf, den Ernst und die Reinheit der Kunst überhaupt zu wahren: er ist der Durchgangspunkt für die künst­lerische Idee, welche durch ihn gewissermaßen erst zu einem realen Dasein gelangt. Die eigene Würde des Virtuosen beruht daher lediglich auf der Würde, welche er der schaffenden Kunst zu erhalten weiß: vermag er mit dieser zu tändeln und zu spielen, so wirft er seine eigene Ehre fort. Dieß fällt ihm allerdings leicht, sobald er jene Würde gar nicht begreift: ist er dann zwar nicht Künstler, so hat er doch Kunstfertigkeiten zur Hand: die läßt er spielen; sie wärmen nicht, aber sie glitzern; und bei Abend nimmt sich das Alles recht hübsch aus.

Mit dieser Überlegung hat Richard Wagner ein Problem beschrieben, das womöglich drängender ist als in der Zeit, da er den Antagonismus zwischen dem Virtuosen und dem Künstler her­ vorhob. Das Problem ist, künstlerisch wie gesellschaftlich, aktueller und drängender deshalb, weil die Präsenz in den Medien an die Stelle des Ruhms getreten ist; auch deshalb, weil Prominenz nicht länger darin besteht, durch maßstäbliches Handeln hervorzutreten, sondern irgendeine Show zu garnieren.

Seit mehr als drei Jahrzehnten behauptet Anne Sophie Mutter ihren Platz im Oberhaus der Geiger. Die Aura der Diva, die sie umgibt, dient zwar auch der Außenwirkung, mehr aber der Distanz, damit dem Selbstschutz. Es gibt, so lautet eine journalistische Regel, keine indiskreten Fragen, sondern nur indiskrete Antworten, die heute oft mit schamloser Bereitwilligkeit erteilt werden. Derlei Antworten lässt Anne Sophie Mutter sich nicht entlocken. Sie hat es geschafft, die Rollen, die sie spielt, selbst auszusuchen. Es hat den Anschein, als folge sie dabei einer Maxime von Oscar Wilde: „Es gibt zwei Pflichten der Menschen: Die erste besteht darin, so künstlich wie möglich zu wirken; die zweite ist noch unbekannt.“

In ihre früh von Weltruhmesglanz besonnte Laufbahn ist Anne Sophie Mutter von oben eingestiegen. An deren Stationen Halt zu machen, ist unnötig. Es ist bekannt, dass sie jene Gabe mitbrachte, die der Dirigent Bruno Walter mit dem Paradox „angeborene Technik“ beschrieb. Nicht weniger bekannt ist, dass sie zu den jüngsten Siegerinnen des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ gehörte und alsbald, wo immer sie spielte, außer Konkurrenz spielte. Wohl aber ist daran zu erinnern, dass sie das Üben nie als Einzelhaft am Instrument empfand und auf die gedankenlose Frage, ob ihr die Jugend gestohlen worden sei, erwiderte:

Ich denke, dass ich mehr hatte, als viele Kinder heute haben, denn mir war es erlaubt, mich ganz und gar meiner großen Passion hinzugeben.

Für Aufsehen sorgte sie zum ersten Mal, als sie im August 1976, eben dreizehn Jahre alt, im Rahmen der Luzerner Festwochen debütierte, begleitet von ihrem Bruder Christoph am Klavier. Hatte sie zunächst in Giuseppe Tartinis „Teufelstriller Sonate“ mit barocker Geigen­ artistik verblüfft, so war, wie Karl Heinz Ruppel in der „Süddeutschen Zeitung“ berichtete, „des Staunens kein Ende, als sie Bachs d Moll Partita vortrug. Die Chaconne, den einsamen Gipfel der klassischen Violinliteratur, bestieg sie mit allem geistigen und technischen Rüstzeug, das zur Bewältigung des äußerste Anforderungen stellenden Stückes gehört“.

 

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Laudator:   Jürgen Kesting [PDF]

Weitere Preisträger

Otto Piene

Maler
Preisträger 2008

Pierre-Laurant Aimard

Pianist
Preisträger 2006

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